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18.07.2004

Die japanischen Arbeitszeiten in Architekturbüros sind ungewohnt. Neutraler kann man es wohl nicht ausdrücken. Bei Toyo Ito fangen alle 10:00 an und bleiben dann oft bis 24:00. Gegen Mitternacht fährt für viele der letzte Zug, die letzte Metro und damit ist es Zeit zu gehen. Mittags halb Eins bis Eins ist Essenszeit, in einem der vielen preiswerten Restaurants in der Umgebung. Auf die Frage, warum alle so lange arbeiten und ob dieses von Toyo Ito verlangt wird, ist die Antwort meist ausweichend. Von japanischer Arbeitsweise und der persönlichen Verantwortung ist meist die Rede. Klingt nach hohem Arbeitsethos. Mein Eindruck ist aber eher, es wird nicht so lange gearbeitet, weil es verlangt oder festgelegt oder eben mal notwendig wird, wie in Deutschland zum Beispiel, sondern keiner möchte den Ruf haben, der erste zu sein der geht. Das klingt dann schon eher nach gesellschaftlichem Druck. Und wirklich ist es fast unmöglich sich dem zu entziehen, das merke ich selber. Was man also nicht ändern kann, solle man besser akzeptieren. So lange Arbeitszeiten heißt nun aber nicht, dass es nicht auch noch länger ginge. Wochenendarbeit ist keine Ausnahme und auch durchgearbeitete Nächte kommen häufiger vor. Das zu akzeptieren bin ich (noch?) nicht bereit.

Und schon entdeckt man ein paar Feinheiten, Unterschiede zwischen der deutschen und japanischen Arbeitsweise. Natürlich ist die japanische Arbeitsweise uneffektiver, es wäre ja auch Wahnsinn zu glauben, die Effektivität ließe sich 14 Stunden durchhalten. Was die Arbeitsbelastung in Deutschland nie erlaubt hat, eine Pause zwischendurch, mal nach draußen gehen, das mache ich hier sehr gerne und auch noch täglich. Mit Yoshi ist es Routine geworden, nachmittags in eins der umliegenden Starbuck's auf einen Cappu- oder Frappuccino zu gehen. Ein großer kostet 490 Yen, etwa 4 Euro, man zelebriert die kleinen Freuden des Lebens. Am Anfang fand ich es sehr bitter, 17:00 hieß in Deutschland, gleich geschafft. Hier bedeutet das, die Hälfte der Arbeit liegt noch vor einem. Nach zwei Wochen habe ich mich komischerweise daran gewöhnt. Ob das an der gefundenen kleinen Freude auf den Kaffee liegt?